THE GRID

Eine Kolumne von Bahadir Basdere, CEO Trench Group

Stromnetze sind das Herzkreislauf-System unserer Gesellschaft

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Ein Thema, das ich mit vielen Kolleginnen und Kollegen in der Trench Group immer wieder diskutiere, ist die Bedeutung von Strom für unsere moderne Gesellschaft. Schließlich sind die Komponenten und Systeme, die wir herstellen, unverzichtbar für Stromübertragungsnetze. Diese Netze sind bildlich gesprochen das Herzkreislaufsystem der Gesellschaft. Wenn diese Netze nicht funktionieren, fließt kein Strom.

Deshalb tragen wir eine große Verantwortung mit dem, was wir tun. Um im Bild zu bleiben: wenn das Herz Kreislaufsystem unterbrochen ist, fließt kein Blut mehr im Körper – und dann stirbt der Mensch. Auf das Netz übertragen bedeutet das: wird es unterbrochen, gibt es den Blackout. Und das müssen wir unbedingt vermeiden.

Versorgungssicherheit ist kein Luxus, sondern Existenzgrundlage.

In diesen Diskussionen geht es aber auch immer wieder um die Frage, ob der Bevölkerung diese Tatsachen überhaupt bewusst sind. Deshalb haben wir beschlossen, der Frage auf den Grund zu gehen. Wir haben eine Umfrage in Auftrag gegeben – das Meinungsforschungsinstitut Civey sollte für uns einen repräsentativen Blick auf die Frage werfen, welche Bedeutung Strom für das tägliche Leben und Stromnetze für eine funktionierende Wirtschaft und Gesellschaft in den Augen der Deutschen haben.

Die Ergebnisse zeigen, dass viele Menschen mögliche Versorgungsunterbrechungen als ernstes Risiko ansehen. 81 % der Befragten nannten einen länger andauernden Stromausfall als größtes Infrastrukturrisiko für Deutschland. Zudem meinte knapp die Hälfte, ein Stromausfall hätte für den Alltag gravierendere Folgen als steigende Strompreise. Besonders häufig wurde die Sorge genannt, dass Lebensmittel ohne Kühlung verderben könnten.

Ein fragiler Konsens zerbricht beim ersten Blackout.

Diese Wahrnehmung verdeutlicht ein gestiegenes Bewusstsein für die Bedeutung sicherer Stromversorgung. Dass dieses Thema stärker ins Blickfeld rückt, liegt auch an einzelnen Ereignissen im Ausland, etwa temporären Ausfällen am Flughafen London-Heathrow oder auf der iberischen Halbinsel in diesem Jahr. Solche Vorfälle machen deutlich, dass Versorgungssicherheit nicht selbstverständlich ist.

Die öffentliche Debatte konzentriert sich auf Strompreise, Netzentgelte und den Ausbau der Erneuerbaren. Das ist wichtig. Aber wir müssen endlich das ganze System in den Blick nehmen. Unsere Strominfrastruktur braucht nicht nur mehr erneuerbare Energieerzeugung – sie braucht vor allem auch Widerstandsfähigkeit. Wir brauchen Netze, die mehr können als nur verteilen. Wir brauchen Schutzmechanismen, die mehr leisten als nur Alarm schlagen. Und wir brauchen Speichersysteme, die in der Realität funktionieren – nicht nur auf Papier.

Widerstandsfähigkeit ist die neue Währung der Energiewelt.

Die Energiewende darf kein Drahtseilakt bleiben. Der gesellschaftliche Konsens dafür ist da – aber er ist fragil. Ein Blackout wäre mehr als ein technisches Problem. Er wäre ein politisches Erdbeben. Wenn die Deutschen daran zweifeln, dass der Strom zuverlässig fließt, dann zweifeln sie am System selbst.

Deshalb muss die Stromsicherheit ganz oben auf die Prioritätenliste der Entscheider in der Politik und Wirtschaft! Momentan sind die deutschen Stromnetze nicht in der Lage, den geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien zu bewältigen. Die Antwort darauf kann nur sein, die Stromnetze zügig auszubauen – und nicht, den Ausbau der Erneuerbaren zu bremsen. Das Hü und Hott in der Politik ist nicht gut für die Gesellschaft.

Ohne Vertrauen ins Netz gibt es kein Vertrauen in die Zukunft.

Was wir deshalb brauchen, ist eine konzertierte Aktion zur Versorgungssicherheit! Dafür müssen alle an einen Tisch: Netzbetreiber, Industrie, Kommunen, Bundeswehr, Zivil- und Katastrophenschutz, Hersteller kritischer Infrastruktur – und die Politik. Wir müssen nicht nur fragen, wie wir klimaneutral werden – sondern auch, wie wir versorgungsstabil bleiben.

Die Ergebnisse unserer Umfrage sind ein Warnsignal. Die Menschen im Land sind nicht hysterisch – sie sind hellwach. Jetzt ist es an uns, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Denn in der neuen Energiewelt wird nicht der Preis der Engpass sein – sondern der Moment, in dem der Strom nicht mehr kommt.